Romseminar 2019

Romseminar 2019
Jenseits von Gut und Böse?
Mathematik, Informatik und die Frage nach der
Verantwortung
[E]s ist den meisten Menschen heute ohnehin klar,
daß die Mathematik wie ein Dämon in alle Anwendungen
unseres Lebens gefahren ist (...) und daß die
Mathematik die Quelle eines bösen Verstandes bilde, der
den Menschen zwar zum Herrn der Erde, aber zum Sklaven
der Maschine macht. Robert Musil (1880-1942)
Auch wenn man die Analyse, die Robert Musil den "in
ihrer Jugend- und Schulzeit schlechten Mathematikern''
in den Mund legt, in ihrer negativen Einfärbung nicht
teilt, so ist es doch unbestreitbar, dass Mathematik
und Informatik in einem kaum zu überschätzenden Ausmaß
die moderne Lebenswelt prägen. Die Frage nach einer
verantwortlichen Gestaltung dieses Einflusses wird
allerdings häufig mit dem Hinweis darauf abgewiesen,
dass es der Mathematik nur auf die Richtigkeit ihrer
Theoreme ankäme, der Informatik auf das korrekte
Funktionieren ihrer Algorithmen - beide arbeiteten also
`jenseits von gut und böse'. So einfach möchten wir die
Frage nach der Verantworung der beiden Disziplinen
allerdings nicht trivialisieren lassen. Und so wird das
Romseminar 2019 im kommenden Wintersemester und dann
während der Exkursionswoche in Rom die Rolle von
Mathematik und Informatik in der Gesellschaft in den
Blick nehmen. Dabei könnte es zum Beispiel um folgende
Fragen gehen:
- Auf welche Weise wirken `autonome' Maschinen - selbstfahrende Autos sind hier nur das bekannteste Beispiel - und wer übernimmt die Verantwortung für deren Funktion bzw. Fehlfunktion?
- Welche Rolle spielen Mathematik und Informatik in der militärischen Forschung und in welcher Weise prägen sie die moderne Kriegführung?
- Welchen Einfluss haben Daten und Zahlen auf gesellschaftliche Umstände und politische Entscheidungen? Welche Berechtigung hat die Rede von den ``Weapons of Math destruction'' (Cathy O'Neil)?
- Wie wirken sich moderne Kommunikationsmedien, `soziale Netzwerke' etc. auf die Gestaltung westlicher Demokratien aus?
- Welche Einsichten vermittelt eine mathematische Perspektive auf Fragen der Gerechtigkeit, etwa bei der Analyse von demokratischen Wahlverfahren oder gerechtem Teilen?
- Wie wurde die Beziehung von Ethik und Mathematik in früheren Zeiten - etwa im Antiken Griechenland - diskutiert?
Diese und weitere Themen wird das Romseminar 2019 ansprechen; wie stets bietet es die besondere Möglichkeit, über den Tellerrand des eigenen Studienfachs hinaus zu schauen. Daneben geht es auch darum, Präsentation, Rhetorik und Diskussion in einem fachlichen Kontext zu üben, der diesem Aspekt normalerweise kaum Beachtung schenkt.
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