Menschen mit Demenz bei Entscheidungen unterstützen

Demenzlotsinnen unterstützen Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen bei wichtigen Entscheidungen für eine selbstbestimmte gesundheitliche Versorgung (v.l.n.r.): Stefanie Kremer von der Alzheimer Gesellschaft Siegen-Wittgenstein, Manuela Kremer von der Gesundheitsregion Siegerland und Helene Böhm vom Caritasverband Siegen-Wittgenstein.
Wie und wo möchte ich mein Lebensende verbringen? Wie kann meine (pflegerische) Versorgung gelingen? Wie sollte ich vorsorgen? Fragen wie diese verdrängen wir gerne. Dabei ist eine frühzeitige Auseinandersetzung damit wichtig – insbesondere für Menschen, die an einer Demenz erkrankt sind. Im neuen Forschungsprojekt „DECIDE-2“ der Universität Siegen unter der Leitung von Professorin Dr. Julia Haberstroh und Professor Dr. Marc Hassenzahl geht es darum, Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen bei wichtigen Entscheidungen optimal zu unterstützen. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) mit 1,3 Millionen Euro gefördert.
„Wir möchten die Autonomie von Menschen mit Demenz und Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen stärken. Gleichzeitig geht es uns darum, Angehörige bei der Unterstützung der Betroffenen zu entlasten“, sagt Janina Florack, Projektmitarbeiterin der Professur für Psychologische Alternsforschung an der Universität Siegen. Das Projekt erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den regionalen Praxispartnern des Netzwerks Demenzlotsen Siegen-Wittgenstein, darunter die Alzheimer Gesellschaft Siegen-Wittgenstein, der Caritasverband Siegen-Wittgenstein, die Gesundheitsregion Siegerland und das Klinikum Siegen.
Die aktuelle Studie des DECIDE-2-Projekts setzt auf das Konzept des Dementia Care Managements, das sich in den vergangenen Jahren in Siegen-Wittgenstein bereits als wertvolle Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen etabliert hat. Speziell geschulte Demenzlotsinnen besuchen die Betroffenen dazu zu Hause. Bei diesen Hausbesuchen wird gemeinsam der individuelle Unterstützungsbedarf ermittelt: Wie ist die jeweilige Lebenssituation und welche medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Fragen sind zu klären? Auf dieser Grundlage wird anschließend ein persönlich angepasster Versorgungsplan entwickelt. Die Demenzlotsinnen unterstützen die Betroffenen und ihre Angehörigen außerdem dabei, diesen Plan umzusetzen.
Die Demenzlotsinnen des Projekts kommen aus den Bereichen Pflege und Ergotherapie und sind bei den Netzwerkpartnern angestellt. Sie verfügen über langjährige Praxiserfahrung im Umgang mit Menschen mit Demenz, sind professionell geschult und bestens in der Region vernetzt. Das Angebot stößt auf große Zustimmung in den Familien. „Jeder Hausbesuch ist anders – wir sprechen über sehr persönliche Themen, hören zu, klären auf und entwickeln gemeinsam mit den Angehörigen einen individuellen Versorgungsplan“, berichtet Stefanie Kremer, Demenzlotsin der Alzheimer Gesellschaft Siegen-Wittgenstein. „Es ist immer wieder eindrucksvoll zu sehen, wie unsere Beratung dazu beiträgt, die häusliche Situation zu stabilisieren und die Betroffenen sowie ihre Vertrauenspersonen gezielt zu unterstützen.“
Aktuell sucht das Projektteam Interessierte, die an der Studie teilnehmen möchten: Menschen mit leichter bis mittelschwerer Demenz oder beginnenden Gedächtnisstörungen und ihre Angehörigen können kostenlos teilnehmen. Über eine Dauer von etwa sechs Monaten sind mehrere Hausbesuche durch die Demenzlotsinnen vorgesehen. Im Hintergrund wird der gesamte Prozess durch Wissenschaftler*innen der Universität Siegen und des DZNE Greifswald begleitet und evaluiert. Dabei untersucht das Projektteam, welchen Einfluss die Unterstützung durch die Demenzlotsinnen auf die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen hat.
Wer an der aktuellen Studie teilnehmen möchte, sollte aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein oder angrenzenden Regionen kommen. Auch Menschen, bei denen lediglich der Verdacht auf eine Demenz besteht, können an der Studie teilnehmen – eine Diagnostik würde dann im Rahmen der Studie durch die Gedächtnisambulanz des Klinikums Siegen oder kooperierende niedergelassene Fachärzte durchgeführt. Die Rekrutierung ist bereits gestartet und läuft bis Ende 2026. Bei Interesse oder Fragen können sich Interessierte jederzeit beim Projektteam melden – per E-Mail unter info.netzwerk@decm.de oder telefonisch unter 0271 740-5253.