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Ein Plädoyer für Freiheit, Demokratie und Geschlechtervielfalt

Lena Heinrich

Prof. Dr. Andrea Maihofer ist mit dem Helge-Pross-Preis der Universität Siegen ausgezeichnet worden. Mit dem Preis werden Wissenschaftler*innen für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Familien- und Geschlechterforschung geehrt.

Urkundenübergabe Helge-Pross-Preis im Hörsaal am Campus Unteres Schloss.

Für herausragende Leistung in der Geschlechter- und Familienforschung wird Prof. Dr. Andrea Maihofer der Helge-Pross-Preis der Universität Siegen verliehen. (V.l.: Prof. Dr. Petra M. Vogel, Prof. Dr. Andrea Maihofer, Prof. Dr. Michael Meuser und Birgit Wehrhöfer).

Die Universität Siegen hat Prof. Dr. Andrea Maihofer mit dem Helge-Pross-Preis ausgezeichnet. In feierlichem Rahmen nahm sie ihre Urkunde im Hörsaalzentrum am Campus Unteres Schloss entgegen. Zu ihrer Ehrung gratulierten Birgit Wehrhöfer, Leiterin der Abteilung für Gleichstellung im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW, sowie ihr Laudator, Prof. Dr. Michael Meuser von der TU Dortmund. „Ich fühle mich sehr geehrt und habe mich sehr gefreut, als ich von dem Preis erfahren habe“, sagte Prof. Andrea Maihofer. Der Helge-Pross-Preis wird für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Familien- und Geschlechterforschung von der Universität Siegen vergeben und ist mit 5.000 Euro dotiert.

Pionierarbeit in Geschlechter- und Familienforschung

Im Namen des Rektorats der Universität Siegen begrüßte Prof. Dr. Petra M. Vogel, Prorektorin für Nachwuchs, Diversity und Internationales der Universität Siegen, Prof. Andrea Maihofer als nunmehr achte Preisträgerin des Helge-Pross-Preises. In ihrem Grußwort gratulierte Birgit Wehrhöfer der Preisträgerin zu ihrem wissenschaftlichen Lebenswerk. „Gleichstellung, Geschlechterforschung und die Auseinandersetzung mit Vielfalt sind heute in einer gesellschaftlich wie politisch angespannten Zeit nicht selbstverständlich. Sie haben wichtige Grundlagen gelegt für die kritische Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und Familienbildern sowie für gesellschaftliche Erwartungen an Geschlechter und Familien. Sie haben Räume geöffnet zum Nachdenken, für Reflexion, für den Diskurs und für Veränderung.“

Über die Preisträgerin

Prof. Andrea Maihofer war von 2001 bis zu ihrer Emeritierung 2020 Professorin für Geschlechterforschung an der Universität Basel. Parallel gründete und leitete sie dort das Zentrum Gender Studies sowie das Gender-Graduiertenkolleg. Von 2010 bis 2018 war sie außerdem als Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für Geschlechterforschung (SGGF) tätig. Geboren 1953 in Freiburg, studierte sie Philosophie, Germanistik und Pädagogik. Auf ihre Promotion in Philosophie folgte 1996 die Habilitation in Soziologie zum Thema „Geschlecht als Existenzweise“ an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören der Wandel und der Bestand von Familie und Geschlechterverhältnissen, die Gesellschafts- und Rechtstheorie, die Sozialisation, die Sexualität und die Männer- und Männlichkeitsforschung.

Die Würdigung von Andrea Maihofers wissenschaftlicher Arbeit beruht an diesem Abend auf Gegenseitigkeit: Laudator Prof. Dr. Michael Meuser, bis 2020 Professor für Soziologie der Geschlechterverhältnisse an der TU Dortmund, war im Jahr 2004 ebenfalls Helge-Pross-Preisträger – damals übernahm Prof. Andrea Maihofer seine Laudatio. „Es ist mir eine große Ehre, heute etwas zurückgeben zu können. Auf diese Weise schließt sich der Kreis“, freute sich Prof. Michael Meuser.

Meilensteine für die Etablierung der Gender Studies im deutschsprachigen Raum

In seiner Ansprache betonte Prof. Meuser, dass Prof. Maihofer wichtige Meilensteine zur Vernetzung der Geschlechterforschung im deutschsprachigen Raum beigetragen habe – das habe nicht nur großen Einfluss auf die Etablierung der Geschlechterforschung als wissenschaftliche Disziplin gehabt, sondern ermöglichte auch, dass Gender Studies den Weg in die gesellschaftliche und politische Praxis gefunden haben. Mit dem Helge-Pross-Preis sollen sowohl eine erstklassige und innovative Forschung als auch ein gesellschaftspolitisches oder hochschulpolitisches Engagement gewürdigt werden. All diese Kriterien erfüllt das Werk von Prof. Andrea Maihofer in hohem Maße. Ihre Arbeiten umfassen gleichermaßen die Familien- und die Geschlechterforschung – sie tun dies aber nicht in additiver Weise, sondern indem sie die untrennbare Verwobenheit von Familien- und Geschlechterverhältnissen herausarbeiten. „Andrea Maihofer hat mehrfach Impulse gesetzt, mit denen sie den Debatten der Geschlechterforschung neue Richtungen gegeben hat. Ihre Forschungen sind immer auch von dem Motiv getragen, Möglichkeiten emanzipatorischer Praxis und einer gerechteren Gesellschaft auszuloten. Dies verbindet sie mit der Namensgeberin des Preises, Helge Pross“, sagte Prof. Meuser.

Rechtspopulismus und die Zurückweisung geschlechtlicher Vielfalt

In ihrem Festvortrag sprach Prof. Andrea Maihofer über die enge Verbindung von Rechtspopulismus und der Zurückweisung geschlechtlicher Vielfalt – ein Thema, das politisch derzeit viel diskutiert wird und die Geschlechterdiversität bedroht. Maihofer ging auf Basis eines Zitats des AfD-Politikers Björn Höcke auf die Gründe ein, warum sich Rechtspopulisten in Deutschland ihrer Männlichkeit und Wehrhaftigkeit beraubt fühlen und welche gesellschaftlichen Entwicklungen diese „Krise der Männlichkeit“ auslösen. Besonnen, fundiert und mit klugen Schlussfolgerungen eröffnete die Preisträgerin in ihrem Vortrag, dass rechtspopulistische Männer aufgrund von Geschlechterpluralismus, Migration, Gleichstellung und letztlich der Dekonstruktion der männlichen Überlegenheit einen Machtverlust erleben, der in Wut, Hass und der Ablehnung alternativer Lebensentwürfe mündet. „Es geht nicht allein um die Frauenfragen und die Zurückweisung des Weiblichen, sondern um die Zurückweisung der Vervielfältigung des Geschlechts. Individuen sollen in die binäre Geschlechterordnung hinein- und zurückgezwängt werden“, betonte Prof. Andrea Maihofer und verdeutlichte, dass nicht die Männlichkeit, sondern die Freiheit jedes Einzelnen sowie die Demokratie bedroht seien.

 

Als Moderator führte Georg Teichert (Fernuni Hagen) durch das Programm. Musikalisch umrahmt wurde die Preisverleihung durch drei Klavier- und Gesangsstücke voller „Frauenpower“ von Stephanie

Neigel (LfbA Musik Universität Siegen) und Musik-Studentin Nelli Luges.

Hintergrund

Der Helge-Pross-Preis wird von der Universität Siegen verliehen. Die Preisträger*innen werden durch eine Jury aus dem Prorektorat für Nachwuchs, Diversity und Internationales in Kooperation mit dem Zentrum für politische und soziologische Bildung im Seminar für Sozialwissenschaften (POLIS), dem Siegener Zentrum für Gender Studies (Gestu_S) sowie der Gleichstellungsbeauftragten und dem Seminar für Sozialwissenschaften der Universität Siegen ermittelt.

Der Preis ist der Forschung der 1984 verstorbenen Siegener Soziologin Helge Pross gewidmet. Helge Pross lehrte von 1976 bis 1984 als Professorin an der Uni Siegen und gilt als Pionierin der Familien- und Geschlechterforschung. Ihr Interesse galt der Erforschung der Lebenswirklichkeit von Hausfrauen, den Bildungschancen von Mädchen und den Rollenbildern von Männern.

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Referentin für Diversity Policies
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