Was ist das IZBR
Das Interdisziplinäre Zentrum für Bildungsräume (IZBR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Fakultät II. Die Mitglieder des IZBR sind Forscher*innen und Praktiker*innen aus der Architektur, der Bildungswissenschaft, der Kunst, der Musik, der Psychologie und der Sozialpädagogik und befassen sich aus unterschiedlichen methodischen und inhaltlichen Perspektiven mit Bildungsräumen.
Was macht das IZBR?
Ziele und Aktivitäten
Im Zentrum vernetzen wir unsere vielfältigen Lehr-, Forschungs- und Transferaktivitäten zu Bildungsräumen untereinander sowie innerhalb und außerhalb der Universität. Wir entwickeln koordinierte Kommunikationsformate, Forschungsprojekte und Fortbildungs- und Lehrveranstaltungen. Wir beraten und begleiten bei der Erforschung, Konzeptionierung und Gestaltung von Bildungsbauten.
IZBR-Netzwerktreffen am 29.10.2025
Das Interdisziplinäre Zentrum für Bildungsräume lud zum 1. Netzwerktreffen ein. Gemeinsam diskutierten wir, wie neue Wege zu zukunftsorientierten Bildungsräumen gestaltet werden können. Im Rahmen der Veranstaltung fanden 4 Workshops statt, deren Ergebnisse wir mit Freude präsentieren.
Auch die Preisvergabe des IZBR-Studierendenwettbewerbs "Lernorte der Zukunft" fand im Rahmen des Netzwerktreffens ab. Die Gewinner präsentieren wir unter dem untenstehenden Link.
Workshops des 1. IZBR-Netzwerktreffen
Moderation und Impulsgeber*innen: Jörg Siewert & Kathrin Racherbäumer
Im Mittelpunkt dieses Workshops steht die Frage: Wie kann Schule so verändert werden, dass sie zukunftstragend ist?
Dabei geht es nicht vorrangig um zukunftsfähige pädagogische Konzepte, sondern um das Change Management als Prozess dorthin, der z. B. auch die Anpassung der bestehenden (analogen, aber auch digitalen) Schulräume umfasst.
Aus unserem Workshop haben sich drei konkrete Projektideen entwickelt:
- Ein gemeinsames Seminar (z. B. „Pädagogische Architektur in der Region entwickeln“) unserer Fächer BiWi, Architektur, Kunst/Musik in Kooperation mit interessierten Schulen, in dem u. a. gefragt wird:
- Welche Idee von Lernen habt ihr bzw. wollt ihr verfolgen?
- Wie sollen eure Bildungsräume dafür aussehen?
- Wie kann man diese Ideen konkret umsetzen?
- Netzwerktag/Forum/Tagung (regional): OGS gestalten ➝ Es gibt im Siegerland ein Netzwerk von ca. 50 Schulen, die mit diesem wichtigen Thema beschäftigt sind.
- Bildungsraum von Daltonschulen gestalten ➝ Erläuterung: Im Rahmen von SiNet gibt es ein Netzwerk der regionalen Daltonschulen, das sich regelmäßig mit einschlägigen, zumeist akut relevanten Fragen beschäftigt. Dort soll demnächst „Pädagogische Architektur“ thematisiert werden, gern mit einem Gast aus der Architektur als Gast.
Moderation: Astrid Wuttke | Thorsten Erl
Impulsgeber*in: Raphaella Burhenne de Cayres (gernot schulz – Architektur)
Julie Scheffler | Michael Bertsch (Büro BB)
In Anbetracht von Klimawandel und Ressourcenverknappung muss Architektur verstärkt ohne Neubau auskommen. Das Weiternutzen, der Bestandserhalt, das Transformieren vorhandener Bauten ist das Gebot der Stunde. Darüber hinaus gehören Schulbauten zu den besonders prägenden Alltagsbauten und können identitätsstiftend für ganze Quartiere sein. Die vorhandenen Räume stehen dabei häufig im Widerspruch zu modernen pädagogischen Konzepten. Wie kann die Transformation von Bildungsbauten im Bestand dennoch gelingen, was sind Herausforderungen? Dazu ein Impuls von Julie Scheffler und Michael Bertsch vom BÜRO BB SCHEFFLER BICKEL BERTSCH aus Stuttgart.
Im Workshop wurde die ursprünglich formulierte These der Interdisziplinarität kritisch diskutiert und auf Transdisziplinarität erweitert. Während Interdisziplinarität die Zusammenarbeit zwischen Fachdisziplinen beschreibt, geht Transdisziplinarität darüber hinaus und bezieht praktische Akteure, unterschiedliche Nutzer:innen, wie z.B. Nachbarschaft, örtliche Vereine und Initiativen aktiv in den Planungs- und Transformationsprozess ein. Dies ermöglicht, dass Schulen nicht nur fachlich, sondern auch sozial und lokal eingebettet werden. Dies ist gerade mit Blick auf bestehende Schulgebäude in den jeweilige örtlichen Kontexten von großer Bedeutung.
Der Begriff „Schule“ muss dafür allerdings neu gedacht werden. Klassische Definitionen greifen zu kurz; stattdessen rückt der erweiterte Begriff des Bildungsbaus in den Mittelpunkt – Orte des lebenslangen Lernens, der Erwachsenenbildung, wie z.B. der Weiterbildung, Umschulung oder generationenübergreifenden Bildung werden inkludiert.
Architektonische und pädagogische Grenzen bestehen allerdings weiterhin: Nicht jeder Bestand lässt sich transformieren, und Architektur allein kann pädagogische Herausforderungen nicht kompensieren. Erfolgreiche Transformationen entstehen durch partizipative, flexible und kontextbezogene Ansätze. Die Entwicklung gemeinsamer Nutzungskonzepte oder „Gebrauchsanweisungen“ unterstützen diesen Prozess und ermöglichen die Integration lokaler Akteure.
Ältere Schulgebäude werden einerseits kritisch bewertet, andererseits verfügen gerade Gründerzeit-Schulen über sehr großzügige Flure, die heute wirtschaftlich nicht mehr realisierbar sind, gleichzeitig aber großes Potenzial als erweiterte Lernräume besitzen.
Ebenso eröffnen obsolete Typologien wie Kaufhäuser, Fabrikhallen, Bürohäuser Chancen, Bildungsräume flexibel, generationenübergreifend und quartiersbezogen zu gestalten. Zentral gelegene und großflächige Bestandsbauten verbinden pädagogische Innovation mit städtebaulicher Wirkung. Sie schaffen wichtige Begegnungsorte für alle Altersgruppen und fördern gesellschaftliche Integration. Eine funktionale Rochade in obsolet gewordene Gebäude kann Aufwand und Ressourcenverbrauch reduzieren und dabei Experimentierpotenzial freisetzen. Notwendig werden langfristige Kosten-Nutzen-Perspektiven die sozial-ökologische Mehrwerte schaffen.
Dabei ist die Partizipation aller Beteiligten entscheidend: Bildungsbauten müssen inklusiv sein, niemand darf ausgeschlossen werden. Schwellenlose, zentral gelegene Gebäude ermöglichen breite Nutzung, fördern Begegnung, erhöhen die Frequenz unterschiedlicher Nutzer:innen und stärken den öffentlichen Raum als sozialen Treffpunkt.
Die Gestaltung von Bildungsbauten erfordert eine klare Haltung: freundlich, einladend, großzügig, flexibel, offen, lebendig und angstfrei. Aspekte wie Transparenz, Sichtbarkeit, identifikationsstiftende Architektur und räumliche Vielfalt wurden ebenfalls betont.
Darüber hinaus ist strukturelle Steuerung notwendig, um die vielfältigen Akteure zusammenzuführen und Aushandlungsprozesse zu moderieren. Nur durch diese transdisziplinäre Verbindung von Architektur, Pädagogik, gesellschaftlicher Teilhabe und nachbarschaftlicher Integration entstehen zukunftsfähige, inklusive und lebendige Bildungslandschaften.
Protokoll des Workshops:
These 1
Die Feststellung der Eignung von Bestandsgebäuden im Sinne der pädagogischen Architektur ist eine interdisziplinäre Aufgabenstellung.
Wie können unter Anderem zukunftsfähige pädagogische Konzepte als Planungsgrundlage Berücksichtigung finden? Gibt es architektonische und pädagogische Grenzen?
- Es ist eine transdisziplinäre Aufgabe
- Nachbarschaft
- Vielfalt in den Räumen
- Umgebung
- Schutzraum
- Räumliche Anforderungen gem Schulform/Altersklasse
- Organisation / Schulcampusmanagement
- Gemeinsam entwickelte Gebrauchsanweisung
- Schule als identitätsstiftendes/identifikationsstiftende Gebäude
- Architektonische Qualität vs. Beliebigkeit
- Pädagogische Qualität / Beratung von Außen
These 2
Der Umbau von Schulgebäuden lässt sich aktuell rein rechnerisch - schon aufgrund der Kosten für temporäre Interimslösungen - oft wirtschaftlich nicht darstellen.
Wie kann der Umbau von Bestandsgebäuden im Sinne der Nachhaltigkeit politisch und wirtschaftlich attraktiver werden?
- Wie sieht ein Bildungsbau aus?
- Variable Hülle
- Transparenz, Sichtbarkeit
- Platz
- Großzügigkeit
- Schule darf kein Angstraum sein / man darf sich nicht klein fühlen
- Freundlich/offen
- Einladend, Lebendig
- „Sieht nicht aus wie eine Schule“
- Alte Räume sind „gruselig“
- Flurschule geht auch anders
- Flexibilität + Variabilität
- Bildung muss inklusiv gedacht werden – Immer an alle denken!
- Teilhabe ist enorm wichtig
- Positive Beispiele
- Fehlende weite Perspektive auf kommunaler Ebene / Schwierige Steuerung
- Verfahren ändern – bestandsorientiert
- Haltung dem Bestand gegenüber
- Politischer Wille
- Wie erreichen wir die polit. Ebene / die operative Ebene
These 3
Nicht alle Bestandsschulgebäude eignen sich gleichermaßen für zukunftsfähige
pädagogische, bzw. räumliche Konzepte.
Inwiefern können Bestandsgebäude anderer baulicher Typologien auch hinsichtlich Flächenressourcen, Lage und Quartiersnutzung passender sein?
- Aufwand
- Erfinden wir das Rad immer wieder neu?
- Rochaden obsoleter Gebäude/Funktionen
- Boom Bildungsräume – und danach?
- Schule als Stadtbaustein
- Lage von Bestandsgebäuden
- Bestände in zentraler Lage
- Bildungsbau ist 3. Ort
- Lern- und Lebensort inklusiv und ganztägig
- Lernen von Las Vegas
Moderation: Annika Gruhn | Lawrence Wilde
Impulsgeber*in: Stefanie Klingemann (wanderspace; WiMi am Lehrstuhl von Prof.‘in Johanna Schwarz „Künstlerische Strategien im öffentlichen Raum & Kulturelle Bildung“)
Im Workshop wollen wir der Frage nachgehen, welche Möglichkeiten der transdisziplinären Zusammenarbeit es innerhalb der Universität und im Austausch mit der Stadtgesellschaft gibt. Ausgehend von einem Impuls von Stefanie Klingemann (wanderspace) diskutieren wir: Welche Hürden und Gelingensbedingungen gibt es bei der Nutzung von transdisziplinären Bildungsräumen?
Im Workshop sind wir der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten der transdisziplinären Zusammenarbeit es innerhalb der Universität und im Austausch mit der Stadtgesellschaft gibt. Ausgehend von einem Impuls von Stefanie Klingemann (wanderspace) diskutierten wir, welche Hürden und Gelingensbedingungen es bei der Nutzung von transdisziplinären Bildungsräumen gibt. Der Workshop wurde durch eine kurze Ergebnis-Sammlung mit Metaplan-Karten von Annika Gruhn sowie eine Live-Sound-Performance von Lawrence Wilde abgerundet.
Stefanie Klingemann gab zunächst Einblick in mehrere Projekte, die Prof.‘in Johanna Schwarz und sie mit ihrem Lehrstuhl-Team sowohl innerhalb der Universität, als auch darüber hinaus (oft unter dem Label „wanderspace“) durchgeführt haben. „wanderspace entwickelt und realisiert gemeinsam mit Künstler:innen und regionalen Akteur:innen in Südwestfalen Projekte die kulturelle Teilhabe ermöglichen. Kunst und künstlerische Strategien entfalten sich von dort aus in den ländlichen, öffentlichen Raum, sind Ausgangs- und Bezugsrahmen von Begegnungen. Zentrales Anliegen ist die Einbindung der Menschen vor Ort und die Vernetzung kultureller Akteur:innen in Südwestfalen.“ (Quelle: Projekthomepage)
So wurde das Lehrstuhl-Team unter anderem dazu eingeladen, den Flur des Arbeitsbereiches Computer Vision der Elektrotechniker*innen (Fak. IV) im Hölderlingebäude neu zu gestalten: Aus diesem Auftrag ist ein interdisziplinäres Projekt geworden, in dessen Rahmen künstlerische Praxis gemeinsam von allen Beteiligten erlebt und umgesetzt werden konnte. (Ein Film zu der Aktion kann hier angesehen werden.)
In einem zweiten Schwerpunkt ihres Impulses berichtete Stefanie Klingemann von den vielfältigen Erfahrungen, die das Team mit einem sog. wandergast sammeln konnte: „Im Wintersemester 2024/25 war der italienische Künstler Hannes Egger mehrere Wochen im Siegerland zu Gast. Ausgehend von einem Sammelsurium an Geschirr, das er aus seiner Heimat Südtirol mitbrachte, tauschte er Teller und Tassen gegen "Siegerländer" Geschirr – und kam so mit zahlreichen Menschen in Stadt und Land ins Gespräch. Diese Begegnungen führten zur Einladung zu zwei gemeinsamen Abendessen: ein Happening in der Stadt und eines auf dem Land. Der kulinarische Rahmen bot Anlass zum Austausch über zentrale Fragen von Eggers Projekt STADT+LAND: Was ist die Beziehung zwischen Stadt und Land? Wie sieht ein Dorf im 21. Jahrhundert aus? Und eine Stadt?“ (Quelle: Projekthomepage) Auch über den Gegenbesuch – gemeinsam mit Studierenden in Lana/Südtirol – berichtete Stefanie Klingemann und zeigte im Rahmen des Workshops eindrucksvolle Bilder.
Ausgehend von diesen Impulsen entspann sich eine Diskussion um Gelingensbedingungen und Hürden transdisziplinärer Zusammenarbeit in der Gruppe der Teilnehmenden, die kurz zusammengefasst werden soll:
Zunächst ist es wichtig zu klären, „Wie Zusammenarbeit geht“ – und dabei weniger Energie und Zeit auf gemeinsame Begriffsverständnisse zu verwenden, sondern auch die Pluralität nebeneinander stehen zu lassen, und eher ins Handeln zu kommen. Hilfreich dabei sind spielerische Elemente, gute Kommunikation, das Anerkennen von Expertisen und damit verbundenen Kuratierungsprozessen, Offenheit und ein direkter (bestenfalls visueller) Zugang zum Gegenstand der Auseinandersetzung. Damit eröffnen sich Chancen, komplexe Querschnittsthemen (bspw. „Sozialraum“) überhaupt erst verstehbar und bearbeitbar zu machen, Wandel als Ressource für diese Prozesse aufzugreifen und bestenfalls Aneignungs- bzw. Empowerment- und Partizipationsmöglichkeiten für möglichst viele Menschen zu schaffen.
Als Hürden wurde insbesondere die funktionale Logik von Wissenschaft ausgemacht, die – wissenschaftspolitisch und von Verwaltungsvorgängen gestützt bzw. in „Ordnungen“ (z.B. universitäre Promotionsordnungen) und Förderlogiken gegossen – sehr häufig überformt bzw. auch limitiert, was überhaupt wie als relevantes Wissen wahrgenommen werden kann. Daneben stehen weitere Hürden, wie ein zu starkes Beharren auf (disziplinäre) Grenzen und Fragen der persönlichen und strukturellen Möglichkeiten, Ressourcen (wie bspw. Zeit) in transdisziplinäre Zusammenarbeit zu investieren. Insgesamt wurde deutlich, dass diese sehr viel Übung erfordert und auf dem gemeinsamen Weg auch Unfertigkeit ausgehalten werden muss.
Raum zum Üben wollen wir schaffen, indem ein regelmäßiger Austausch zu Projekterfahrungen implementiert werden soll, der die Weiterentwicklung von transdisziplinären Formaten und Lehre zum Ziel hat.
Der Workshop wurde durch eine Live-Sound-Performance von Lawrence Wilde beendet.
Moderation: Bert Bielefeld
Impulsgeber*in: Robin Eckardt (Schulbaugesellschaft Duisburg), Antje Voigt (Crossboundaries Frankfurt)
1. Einleitung
Der Workshop „Innovativer Schulbau als Verwaltungsaufgabe in Städten und Gemeinden“ beschäftigte sich mit der Frage, wie die aktuell laufende Sanierungs- und Modernisierungswelle im Bildungsbau als Impuls für die Implementierung innovativer Schulbaukonzepte genutzt werden kann. Unter der Moderation von Bert Bielefeld und mit fachlichen Impulsen von Robin Eckardt (SD Schulbaugesellschaft Duisburg mbH) sowie Antje Voigt (Crossboundaries) kamen Vertreter:innen aus Verwaltung, Planungspraxis, Schulpraxis sowie Forschende und Studierende der Architektur und Erziehungswissenschaften der Universität Siegen zusammen. Ziel war es, strukturelle Hemmnisse, Potenziale und notwendige Prozessinnovationen im kommunalen Schulbau zu identifizieren.
2. Ausgangslage und Zielperspektiven
Die Diskussionen zeigten, dass Kommunen angesichts erheblicher Sanierungsbedarfe vor der Herausforderung stehen, traditionelle Verwaltungs- und Planungsroutinen mit dem Anspruch innovativer, pädagogisch fundierter Lernumgebungen zu verbinden. Vor diesem Hintergrund fokussierte der Workshop die Frage, wie Verwaltung, Nutzer:innen und Planer:innen frühzeitig und wirkungsvoll vernetzt werden können, um einen zielgerichteten Innovationsprozess im Schulbau zu ermöglichen.
3. Strukturelle Rahmenbedingungen
Die Teilnehmenden hoben die Relevanz neuer Organisationsformen innerhalb kommunaler Verwaltungen hervor. Insbesondere wurden Modelle einer Moderation oder kommunikativer Projektstrukturen diskutiert, die zwischen stabilitätsorientierten Verwaltungslogiken und dem Bedarf an Innovationsfähigkeit vermitteln können. Gleichzeitig wurde deutlich, dass bestehende Bauabteilungen wertvolles institutionelles Wissen einbringen, dieses jedoch mitunter die Einführung neuer Verfahren erschwert. Ein zentrales Thema war daher die Frage, wie politische Leitlinien verbindlich implementiert werden können und wie Verwaltungen mit Akteur:innen umgehen, die kooperative und transparente Verfahren blockieren.
4. Die Rolle der Leistungsphase 0
Übergreifende Einigkeit bestand darin, dass jedes Schulbauvorhaben eine vorlaufende Leistungsphase 0 (LPH 0) zwingend benötigt. Sie dient der Erarbeitung pädagogischer Grundlagen, der Klärung schulischer Entwicklungsziele und der strukturierten Einbindung aller relevanten Stakeholder. Systematisierte Abläufe können dabei Orientierung bieten, müssen jedoch ausreichend flexibel bleiben, um projektspezifischen Anforderungen gerecht zu werden und Innovationspotenziale nicht zu begrenzen. Die frühe Beteiligung von Schulen und der direkte Dialog zwischen Planer:innen und Schulakteur:innen wurde als unverzichtbar für eine bedarfsgerechte und zukunftsfähige Planung bewertet.
5. Prozessuale Anforderungen und Vernetzung
Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der fehlenden systematischen Vernetzung zwischen Kommunen. Viele Städte und Gemeinden entwickeln eigene Verfahren, ohne von bestehenden Erfahrungen anderer Kommunen profitieren zu können. Der Workshop betonte daher die Notwendigkeit, überregionaler Austauschformate und einer systematischen Sammlung von „lessons learned“ zu entwickeln.
Zudem wurde herausgestellt, dass pädagogische Entwicklungsprozesse parallel zur architektonischen Planung stattfinden müssen. Schulgebäude sollten nicht ausschließlich am aktuellen Bedarf ausgerichtet sein, sondern langfristige pädagogische und gesellschaftliche Entwicklungen antizipieren. Dies setzt eine strukturierte, von der Verwaltung unterstützte Prozesskultur voraus. Zudem braucht es Systemoffenheit der Planung, wenn parallel zum Planungsprozess auch die Entwicklung des pädagogischen Konzepts neue Erkenntnisse bringt.
6. Ergebnisse und Empfehlungen
Aus den Diskussionen lassen sich mehrere zentrale Empfehlungen ableiten:
- Verbindliche Durchführung einer Leistungsphase 0, in der pädagogische Konzepte als zentrale Planungsgrundlage ausgearbeitet werden.
- Entwicklung eines kommunalen Strukturprogramms, das Flächenbudgets statt detaillierter Raumlisten definiert, um planerische Flexibilität zu ermöglichen.
- Frühzeitige Kooperation zwischen Planer:innen und Schulen sowie Einbindung von Hospitationen als Inspirationsquelle und Erfahrungsraum.
- Schaffung institutionalisierter Freiräume für kollaborative Arbeitsformen zwischen Verwaltung, Planung und Pädagogik.
- Etablierung einer kommunalen Leitkultur des innovativen Schulbaus, die Schulen ermutigt, neue räumliche und pädagogische Ansätze zu verfolgen und individuelle Schwerpunkte zu setzen.
- Verständnis von Schulgebäuden als Teil der Stadtgesellschaft, wodurch stadtgesellschaftliche Perspektiven systematisch in die Planung integriert werden können.
- Für die Stadt Siegen wurde auf Basis der Einbindung des IZBR die Möglichkeit eines Experimentierfeldes für innovative Schulplanungsprozesse diskutiert.
7. Schlussfolgerung
Der Workshop verdeutlichte, dass innovativer Schulbau wesentlich von strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen innerhalb kommunaler Verwaltungen abhängt. Die Leistungsphase 0 bildet dabei einen entscheidenden Hebel, um pädagogische und räumliche Anforderungen frühzeitig zu synchronisieren. Eine innovationsorientierte Schulbaupolitik benötigt zudem eine klare politische Rahmensetzung, ausreichende Ressourcen, institutionalisierte Kooperationsformate sowie eine offene stadtgesellschaftliche Haltung gegenüber Veränderungen.
Der Workshop zeigte abschließend, dass Kommunen ein erhebliches Potenzial besitzen, durch strategisch gestaltete Schulbauprozesse Impulse für pädagogische Innovation und städtische Entwicklung zu setzen.
Stimmen zur Veranstaltungen
Der Ort selber, war ein genialer Bildungsort: mitten in der Stadt, mit vielen Möglichkeiten der Gestaltung und Nutzung, ohne geschlossenen Räume und trotzdem konnten vier Workshops paralell stattfinden!
Architektin und Vorständin der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft
Besonders beeindruckend: die Experimentier- und Transformationsflächen der Fakultät II, die zeigen, wie Lernen, Forschen und Gestalten räumlich zusammenfinden können.
Schulbauberaterin
[…] Dieser Raum wirkt - nicht zuletzt weil er GestaltungsSpielraum bietet. Ein tolles Beispiel für gelungenen Bildungsraum auf leerstehenden Geschäftsflächen. Danke an die Organisatoren des IZBR-Netzwerkes für die Möglichkeit des inspirienden und vielfältigen Austauschs.
Schulbauberaterin