Direkt zum Inhalt
Direkt zum Inhalt

Inklusion in Kommunen: Es gibt Luft nach oben

Tanja Hoffmann

Ein bundesweites Forschungs- und Entwicklungsprojekt des Deutschen Instituts für Menschenrechte und der Universität Siegen hat untersucht, wie es in Kommunen um die Inklusion bestellt ist. Es zeigt zudem Erfolgsfaktoren und Hürden bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Öffentlicher Parkplatz für Menschen mit Behinderung in einer Kommune.

Bei der Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderung gibt es in deutschen Kommunen noch Luft nach oben. Das ist ein Ergebnis eines gemeinsamen Forschungsprojektes des Deutschen Instituts für Menschenrechte und der Universität Siegen. Demnach kümmern sich nur 41 Prozent der Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern und der Kreise zielgerichtet um ausreichend barrierefreie Wohnungen, flexible Unterstützungsdienste für ein selbstbestimmtes Leben oder darum, dass Ämter und Schulen für Menschen mit und ohne Behinderung sowie jeden Alters gleichermaßen zugänglich sind. Laut UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) müsste das in Deutschland eigentlich überall der Fall sein. Seit 2009 ist die Konvention hierzulande geltendes Recht – doch die Realität sieht vielerorts anders aus.

„Nur zwei von fünf größeren Städten in Deutschland haben bisher Pläne zur Umsetzung der UN-BRK in Arbeit oder abgeschlossen. Das reicht bei Weitem nicht aus“, sagt Prof. Dr. Albrecht Rohrmann, Sprecher des Zentrums für Planung und Entwicklung Sozialer Dienste der Universität Siegen. Ob Menschen mit Behinderung selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, zeige sich maßgeblich auf kommunaler Ebene, betont Dr. Leander Palleit vom Deutschen Institut für Menschenrechte: „Kommunen haben die Möglichkeit und die menschenrechtliche Verpflichtung, Bereiche wie Bildung, Wohnen oder Mobilität inklusiv zu gestalten. Dass dies mit dem nötigen politischen Willen gelingen kann, hat unser Forschungsprojekt eindrucksvoll gezeigt.“

Wesentliche Erfolgsfaktoren für Inklusion in Kommunen sind laut der Studie eine systematische Planung von Anfang an, eine ausreichende personelle und finanzielle Ausstattung sowie eine umfassende Beteiligung von Menschen mit Behinderungen. „Angesichts knapper Kassen zögern viele Kommunen bei Investitionen in Barrierefreiheit. Anpassungen im Nachhinein sind allerdings sehr viel teurer, als Barrierefreiheit bei der Planung von Gebäuden, Straßen und digitalen Angeboten von Anfang an zu berücksichtigen“, erklärt Rohrmann.

Auch bei der Beteiligung von Menschen mit Behinderung gibt es laut der Studie noch Verbesserungspotenzial. So wurden nur in 40 Prozent der Kommunen, in denen es Pläne für mehr Barrierefreiheit gibt, Betroffene von Anfang an aktiv in die Entscheidungen eingebunden. Bei 60 Prozent der Kommunen hatten Menschen mit Behinderung hingegen keine Möglichkeit der wirklichen Mitbestimmung.

Es gebe zwar vielerorts positive Ansätze und große Bemühungen – den Königsweg habe bei der Inklusion bisher aber keine Kommune beschritten, stellt Rohrmann fest: „Wir würden keine der untersuchten Kommunen mit dem Inklusionspreis ausstatten.“ Die Forscher haben im Rahmen ihres Projektes auch die Situation in einzelnen Bundesländern erhoben und miteinander verglichen. Dabei zeigte sich weder ein merkliches Nord-/Süd, noch ein Ost-/West-Gefälle. Nordrhein-Westfalen liegt in Sachen Inklusion hinter dem bundesweiten Schnitt: Der Anteil an größeren Kommunen (über 50.000 Einwohner*innen) mit systematischen Planungsaktivitäten liegt in NRW nur bei 36 Prozent (bundesweit: 41 Prozent).

Hintergrund:
Das Forschungsprojekt „UN-Behindertenrechtskonvention in den Kommunen“ ist im Oktober 2022 gestartet. Es wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit insgesamt rund 670.000 Euro gefördert. Die ausführlichen Untersuchungsergebnisse der Studie sowie anonymisierte Porträts zu Planungsprozessen in einzelnen Kommunen und weitere Materialien zur Gestaltung von Planungsprozessen sind auf der Website des Deutschen Instituts für Menschenrechte zugänglich.

Ansprechpartner

Personal profile photo

Univ.-Prof. Dr. Albrecht Rohrmann

Professor*in
Icon Nachricht

Kontakt Pressestelle

Stabsstelle für Presse, Kommunikation und Marketing

  • Icon Mail

    presse@uni-siegen.de

  • Icon Kartennadel

    Adolf-Reichwein-Straße 2a

    Gebäude AVZ (Gebäudeteil AR-NA)

    57068 Siegen

Studierende in der Stadt