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Forschungsfeld 7: Regionen in der Geschichte: Konzepte und Realitäten in Nordrhein-Westfalen

Zur Einführung


Was ist eine Region? Wie bestimmt sie das Leben in und mit ihr? Welchen Veränderungen sind Regionen unterworfen und welchen Effekt hat Regionalität in historischen Prozessen? Als Kultur-, Wirtschafts-, Verwaltungs- und Lebensräume entfalten Regionen ebenso Wirkung wie als lang gewachsene, kollektive und individuelle ‚Bilder im Kopf‘. Für die Konstruktion von Identität in Deutschland stellt der Faktor Region daher ein Schlüsselelement dar. Nordrhein-Westfalen ist als bevölkerungsreichstes Bundesland zweifellos eine besondere Form von Region und besteht seinerseits aus Teilregionen, die historisch wiederum aus verschiedenen Vorgängerterritorien hervorgingen. Als 'Bindestrich-Bundesland' haftet Nordrhein-Westfalen der Ruf an, sich auf keine gemeinsame Geschichte stützen zu können und sich daher nicht als eine klar umrissene Region zu verstehen. Für das Verständnis der Geschichte Nordrhein-Westfalens sind daher nicht nur die Jahre nach 1946, sondern auch frühere Entwicklungslinien von Bedeutung. Methoden wie die Oral History sowie raumtheoretische Ansätze der Kulturgeschichte kommen zum Einsatz, wenn in einzelnen Projekten die historischen Dynamiken und Realitäten dieser regionalen imagined communities aufgeschlüsselt werden.

Zu diesem Forschungsfeld zählen folgende Themen:

  1. Industriekultur, Image, Identität. Die Zeche Zollverein und der Wandel in den Köpfen

  2. Auf dem Weg zum "starken Stück Deutschland". Image und Identität im Ruhrgebiet in Zeiten von Kohle- und Stahlkrise

  3. Region als Lebensgefühl? Geschichte(n) in und von Südwestfalen

  4. Eugenik und Euthanasie in Südwestfalen

1. Industriekultur, Image, Identität. Die Zeche Zollverein und der Wandel in den Köpfen


Das Ruhrgebiet war einst die Industrieregion Deutschlands schlechthin. Dann kam durch die Kohle- und Stahlkrisen das, was euphemistisch mit 'Strukturwandel' umschrieben wird. Heute wirbt das Ruhrgebiet als 'industriekulturelle Region' für sich. Alte Identitäten und altes Image gerieten in diesem Prozess in Bewegung. Wie konkret hängen Strukturwandel, Identitätswandel und Imagewandel im Ruhrgebiet zusammen? Wie verändern sich nicht nur Industrieanlagen, sondern auch Alltagsleben, Selbstverständnis und Außenwirkung? Diesen Fragen ging das Forschungsprojekt Industriekultur, Image und Identität exemplarisch in einer Untersuchung der Wahrnehmung des Wandels der Zeche Zollverein von Europas größtem Kohlebergwerk zum Weltkulturerbe nach. Rund 150 Interviews aus den Jahren 2003/04 und 2006 mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der umliegenden Stadtteile, mit ehemaligen Beschäftigten von Zeche und Kokerei Zollverein, mit Besucherinnen und Besuchern des Weltkulturerbes, mit ehemaligen Arbeitsmigranten, die geblieben sind, obwohl die Arbeit gegangen ist, mit visionären Neunutzerinnen und Neunutzern des Zollverein-Geländes, mit lokalen Politikerinnen und Politikern und Gewerbetreibenden bilden die Grundlage der Untersuchung. Ihre Meinungen, Einstellungen, Wünsche, Hoffnungen und Ängste spiegeln den Wandel in den Köpfen der Bewohnerinnen und Bewohner einer Region im Strukturwandel.

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2. Auf dem Weg zum "starken Stück Deutschland". Image und Identität im Ruhrgebiet in Zeiten von Kohle- und Stahlkrise


In den späten 1950er und den 1960er Jahren setzte im Ruhrgebiet mit der Kohle- und Stahlkrise der wirtschaftliche Strukturwandel ein. Das Forschungsprojekt untersucht anhand von Imagebroschüren verschiedener Städte der Metropolregion, wie diese versuchten, dem damit verbundenen industriellen und urbanen Niedergang entgegenzuwirken und Wege aus der Krise zu finden. Die wichtigste Strategie bestand darin, über ein positives Image sowohl neue Bewohnerinnen und Bewohner als auch neue Industrien anzuziehen. Die Botschaft, die die Ruhrgebietsstädte vermittelten, lautete, dass es sich im Ruhrgebiet trotz der Industrie ebenso gut leben ließ wie anderswo. Garanten dafür sollten urbane Grünflächen, städtische Infrastruktur und Kultureinrichtungen sein. Nichtsdestoweniger ließ sich die Industrie in einer Region, die immer noch mehr als nur ein Synonym für Kohle und Stahl bildete, nicht verleugnen. Mal bunt, mal grau, immer ein wenig angestrengt: So erscheinen vielfach die Broschüren aus dieser Zeit. Damit spiegeln sie einen Ausschnitt aus der regionalen Identität im Strukturwandel. Ihre Analyse lässt das Lebensgefühl des Ruhrgebiets auf dem Weg von einer Industrieregion zu einer Region der Industriekultur greifbar werden.

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3. Region als Lebensgefühl? Geschichte(n) in und von Südwestfalen


Südwestfalen ist eine jüngere Teilregion im Bundesland Nordrhein-Westfalen: Erst ab dem Jahr 2007 begannen der Märkische Kreis, der Hochsauerlandkreis und die Landkreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest ihre Kooperation als Handlungsregion unter dieser Bezeichnung. Der Zusammenschluss löste allerdings intensive Auseinandersetzungen mit regionalen Identitätsvorstellungen aus: Zugehörigkeiten werden seitdem neu verhandelt und historische Wissensbestände und Gebietskonzepte aktualisiert. Wie gestaltet sich dieses 'Mental Mapping' bei Akteurinnen und Akteuren aus Aktionsfeldern, die in besonderem Maße mit dem regionalen Image und mit Kulturproduktion zu tun haben? Das Projekt Region als Lebensgefühl? befragte 2015 über 70 in der Region geborene oder später hinzugezogene Personen aus der Tourismusbranche, der Gastronomie, Medien-, Vereins- und Kulturarbeit nach ihrem Bild von der Region und ihren Nachbargebieten. In narrativen Interviews legten sie ihre Vorstellungen regionaler Besonderheiten, Verständnis von Heimat und ihre Lebensgeschichte in und mit der Region dar. Dabei wurde unter anderem deutlich, wie lange die alten, mitunter zu Phantomen gewordenen Grenzen nachwirken und noch heute die regionalen Vorstellungen in Südwestfalen prägen, welches jahrhundertelang durch politische, konfessionelle und selbst sprachlich-dialektale Grenzen geteilt war.

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4. Eugenik und Euthanasie in Südwestfalen


Kranke und behinderte Menschen gehören zu den Verfolgten des Nationalsozialismus. In der Zeit des 'Dritten Reiches' wurden sie als Belastung für die deutsche 'Volksgemeinschaft' stigmatisiert, die es zu beseitigen galt. So wurden bereits ab 1934 bis zu 400.000 Menschen gegen ihren Willen sterilisiert, in den Kriegsjahren mehr als 200.000 Menschen in Heil- und Pflegeanstalten ermordet. Dies geschah inmitten der deutschen Gesellschaft, verantwortet von Fachkräften in Psychiatrie, Neurologie, Kindermedizin und anderen Fachdisziplinen, unter Beteiligung von Verwaltungsfachleuten und Pflegekräften. Dieser Thematik war eine Ausstellung in den Gebäuden der Universität Siegen gewidmet, die die Frage nach dem Wert des Lebens als Leitlinie nahm. Sie erzählte die Geschichte von Ausgrenzung, Zwangssterilisationen und Massenmord, beschäftigte sich mit Opfern, Tätern, Tatbeteiligten und Opponenten und fragt schließlich nach der Auseinandersetzung mit dem Geschehen in der Zeit von 1945 bis heute. Die von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde mit exemplarischen Biografien aus Deutschland vorbereitete Wanderausstellung wurde für ihre Präsentation in Siegen von Studierenden des Historischen Seminars der Universität um Lebensgeschichten von Opfern aus der Region Südwestfalen ergänzt. Sie alle dokumentierten eine erschütternde Missachtung des Lebens durch Angehörige von Berufsständen, die sich eigentlich den unbedingten Schutz des Lebens zur Aufgabe gemacht hatten.

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