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Forschungsfeld 1: Mediale Inszenierung und Popularisierung von Geschichte

Zur Einführung


Geschichte ist populär. In vielen verschiedenen Medien und Formaten begegnet sie uns immer wieder. Es geht dabei um Unterhaltung und um Vermarktung, nicht jedoch um die Vermittlung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse. Dennoch sind es genau diese populären Kontexte von der illustrierten Zeitschrift, über das Sachbuch bis zum digitalen Spiel oder der Webseite, die Bilder und Vorstellungen von Geschichte, von bestimmten historischen Orten, Personen, Handlungen, Abläufen und Zusammenhängen immer wieder neu umsetzen und inszenieren. Diese Vermittlungsformen bilden den Gegenstand dieses Forschungsfeldes. Es untersucht Ursprünge und Entstehungszusammenhänge, Weiterentwicklungen und Ausstrahlungen der verschiedenen populär-historischen Ausprägungsformen auf vergangene und gegenwärtige Gesellschaften.

Zu diesem Forschungsfeld zählen folgende Themen:

  1. Industriekultur, Image, Identität. Die Zeche Zollverein und der Wandel in den Köpfen

  2. "Wollten Sie auch immer schon einmal pestverseuchte Kühe auf Ihre Gegner werfen?" Eine fachwissenschaftliche Annäherung an Geschichte im Computerspiel

  3. Web 2.0 und Geschichtswissenschaft: "Social Networking" als Herausforderung und Paradigma

  4. "Welcome to my Bunker". Veteraninnen und Veteranen im Netz: Vietnamkriegserfahrung in der digitalen Welt

  5. "Geschichte für alle" in britischen und deutschen Zeitschriften des 19. Jahrhunderts. Vermarktung und Deutungsanspruch im Zeichen eines heterogenen Massenmarktes

  6. "A lively game never to be played for real" – der Kalte Krieg in Computerspielen

  7. Exotik im Dritten Reich. Das Koloniale in populären Medien und die Mobilisierung der Deutschen

  8. Die historische Konstruktion des Nationalen in digitalen Spielen

  9. Die Reise in die Vergangenheit: Geschichtstourismus im 19. und 20. Jahrhundert

  10. Populäre Geschichte in digitalen Spielen zwischen Mainstreaming und Diversifizierung – Marktdaten & Popularität / Ordnung & Gewalt

  11. Populäre Geschichte in digitalen Spielen zwischen Mainstreaming und Diversifizierung – Popularisierungsstrategien: Geschichtspopularisierung und ihre öffentliche Rezeption

  12. Populäre Geschichte in digitalen Spielen zwischen Mainstreaming und Diversifizierung – Geschichtsrezeption: Persönliche Aneignung und Rezeption populärer Geschichte

1. Industriekultur, Image, Identität. Die Zeche Zollverein und der Wandel in den Köpfen


Das Ruhrgebiet war einst die Industrieregion Deutschlands schlechthin. Dann kam durch die Kohle- und Stahlkrisen das, was euphemistisch mit 'Strukturwandel' umschrieben wird. Heute wirbt das Ruhrgebiet als 'industriekulturelle Region' für sich. Alte Identitäten und altes Image gerieten in diesem Prozess in Bewegung. Wie konkret hängen Strukturwandel, Identitätswandel und Imagewandel im Ruhrgebiet zusammen? Wie verändern sich nicht nur Industrieanlagen, sondern auch Alltagsleben, Selbstverständnis und Außenwirkung? Diesen Fragen ging das Forschungsprojekt Industriekultur, Image und Identität exemplarisch in einer Untersuchung der Wahrnehmung des Wandels der Zeche Zollverein von Europas größtem Kohlebergwerk zum Weltkulturerbe nach. Rund 150 Interviews aus den Jahren 2003/04 und 2007 mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der umliegenden Stadtteile, mit ehemaligen Beschäftigten von Zeche und Kokerei Zollverein, mit Besucherinnen und Besuchern des Weltkulturerbes, mit ehemaligen Arbeitsmigranten, die geblieben sind, obwohl die Arbeit gegangen ist, mit visionären Neunutzerinnen und Neunutzern des Zollverein-Geländes, mit lokalen Politikerinnen und Politikern und Gewerbetreibenden bilden die Grundlage der Untersuchung. Ihre Meinungen, Einstellungen, Wünsche, Hoffnungen und Ängste spiegeln den Wandel in den Köpfen der Bewohnerinnen und Bewohner einer Region im Strukturwandel.

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2. "Wollten Sie auch immer schon einmal pestverseuchte Kühe auf Ihre Gegner werfen?" Eine fachwissenschaftliche Annäherung an Geschichte im Computerspiel


Geschichte ist aus der gegenwärtigen Populärkultur nicht mehr wegzudenken. Neben die seit langem etablierten analogen Medien sind seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts mehr und mehr digitale Formate getreten, die historische Stoffe für ein immer heterogeneres Publikum aufbereiten. Das Computerspiel gehört dabei inzwischen zu den beliebtesten dieser 'neuen' Medien, in denen populäre Geschichte verhandelt wird. Es gibt den Menschen das Gefühl, in eine Welt eintauchen zu können, die vergangene Realitäten widerzuspiegeln und neu erlebbar zu machen verspricht. Der Workshop Wenn sich Kriegsgegner wieder mit "pestverseuchten Kühen" bewerfen, oder: Computerspiele – Geschichte – Wissenschaft vom Dezember 2008 bot der deutschsprachigen historischen Fachwissenschaft ein erstes Forum an, sich über die Frage nach den Möglichkeiten auszutauschen, die sich der Geschichtswissenschaft im Umgang mit dem Medium bieten können, dessen Produzenten nur allzu häufig damit werben, die Spielenden können "Geschichte erleben" oder diese gar verändern. In der aus der Tagung resultierenden Publikation vom Oktober 2010 – eine zweite und aktualisierte Auflage erschien im Oktober 2012 – mit Beiträgen zu zahlreichen historische Zeiten, Orten und Themen belegen die Autorinnen und Autoren nicht nur die Vielfalt der Geschichtspopularisierung im Computerspiel, sondern zugleich den Erkenntnisgewinn, den ihre Erfassung, Einordnung und Interpretation für die Geschichtswissenschaft bietet. Das Forschungsvorhaben aus Workshop und Publikation bildete zugleich den Auftakt für die Ausbildung eines eigenen Lehrstuhlschwerpunktes in der Erforschung von Geschichtspopularisierungen am Beispiel des digitalen Spiels.

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3. Web 2.0 und Geschichtswissenschaft: "Social Networking" als Herausforderung und Paradigma


In den letzten Jahren haben sich Web 2.0-Anwendungen in einer atemberaubenden Art und Weise etabliert. Websites wie Wikipedia, YouTube oder Instagram laden Nutzerinnen und Nutzer ein, eigene Inhalte zu präsentieren. Ein beachtlicher Teil dieser Inhalte hat historische Bezüge oder widmet sich direkt geschichtlichen Themen. Hier wird Geschichte – in der Regel – von Laien für Laien angeboten, wird Geschichte popularisiert. Für Historikerinnen und Historiker resultiert daraus die Frage, welche Auswirkungen diese Art der Präsentationsform auf das allgemeine populäre Geschichtsbild der Menschen haben kann und welche Folgen sich daraus für die Arbeit im Rahmen der Fachwissenschaft ergeben können. Zugleich ist eine Diskussion darüber entstanden, ob und inwieweit Web 2.0-Anwendungen eine wichtige Innovation für die eigene fachwissenschaftliche Lehr- und Forschungspraxis darstellen bzw. darstellen können. Beide Aspekte wurden auf einer Tagung an der Universität Siegen im Oktober 2009 thematisiert, die das 'Web 2.0' auf seine funktionale Bedeutung für geschichtswissenschaftliche Lehr- und Forschungsprozesse in den Blick nahm. Dabei wurden die bereits vorhandenen Erfahrungen mit sozialen Medien vorgestellt und daraufhin untersucht, ob und inwieweit mit den neuen technischen Plattformen eine veränderte geschichtswissenschaftliche Lehr- und Forschungskultur einhergehen kann bzw. muss, was einen Paradigmenwechsel in der historischen Forschung bedeuten würde. Die Ergebnisse der Tagung wurden im Jahr 2010 als Siegener Thesen im Internet präsentiert. Dem Lehrstuhl dienten sie als Ausgangspunkt für die weitere Erforschung populärer Geschichte in Onlinemedien.

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4. "Welcome to my Bunker". Veteraninnen und Veteranen im Netz: Vietnamkriegserfahrung in der digitalen Welt


Das Internet steht gemeinhin für eine neue mediale Öffentlichkeit mit nur geringen Zugangsbarrieren, kann aber auch zum isolierten virtuellen Raum, gar zum metaphorischen Bunker werden: Im Projekt 'Welcome to my Bunker' – Vietnamkriegserfahrung in der digitalen Welt wurde untersucht, welche Bedeutung das Netz für die Erinnerung und Bewertung des wohl umstrittensten Krieges mit US-amerikanischer Beteiligung, aus der Sicht seiner Teilnehmerinnen und Teilnehmer einnimmt. Die Medialisierung des Vietnamkrieges durchlief mehrere Wellen: Während er in den 1960er und 1970er Jahren über Fernsehgeräte in einer zuvor unbekannten Intensität verfolgt werden konnte, prägte im späten 20. Jahrhundert auch das World Wide Web den Umgang mit den Kriegserfahrungen. Die Untersuchung der über 650 Fallbeispiele aus dem Netz ergab, dass die Deutungen der Kriegsteilnehmerinnen und -teilnehmer vor allem männlich geprägt waren und bestimmte am Krieg beteiligte Gruppen, wie Frauen, Vietnamesen und ethnische Minderheiten in den USA tendenziell marginalisierten: Die Narrative der Veteranen kamen einer selbstbezogenen Isolation gleich, einem regelrechten Rückzug in einen (nun virtuellen) Bunker. Das Projekt erklärt mit einer Kombination aus geschichts-, medien- und kommunikationswissenschaftlichen Ansätzen und Methoden, warum das Internet zur Verarbeitung von vergangenen Kriegen und Konflikten durch Veteraninnen und Veteranen zunehmend wichtiger wird.

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5. "Geschichte für alle" in britischen und deutschen Zeitschriften des 19. Jahrhunderts. Vermarktung und Deutungsanspruch im Zeichen eines heterogenen Massenmarktes


Im 19. Jahrhundert erhielt Geschichte eine völlig neue Bedeutung. Die historische Perspektive wurde zunehmend wichtiger für die Erfahrung und Deutung der Welt, dies außerdem für einen größeren Kreis von Menschen als jemals zuvor. Geschichte wurde wahrgenommen, rezipiert und immer häufiger konsumiert und so in das eigene Leben integriert. Wie stellte sich das in verschiedenen Ländern dar? Während sich in Großbritannien und im deutschen Raum die modernen Geschichtswissenschaften entwickelten und sich professionalisierten, entstand gleichzeitig ein breit gefächerter Markt an populären Druckerzeugnissen mit historischen Themen. Illustrierte Publikumszeitschriften wie The Penny Magazine, Über Land und Meer und The Graphic, die das Verlangen der Leserschaft nach geschichtlicher Orientierung und Unterhaltung erkannten und auf vielfältige Art bedienten, trafen den Nerv der Zeit. Diese Popularisierung von Historie über den Zeitschriftenmarkt zeichnete sich in vielerlei Hinsicht durch transnationale Dynamiken, Wechselwirkungen und Entwicklungen aus, was die lange vorherrschende Forschungsmeinung einer vornehmlich auf die eigene Nation fixierten Geschichtsrezeption konterkariert. Stattdessen zirkulierten Illustrationen, Textübersetzungen und Formatideen über nationalstaatliche und kulturräumliche Grenzen hinweg. Zahlreiche Akteurinnen und Akteure korrespondierten und arbeiteten auf verschiedenen Ebenen in einem transnational geprägten Raum. Techniken kultureller Übersetzung und Adaption nehmen daher eine Schlüsselfunktion im Verständnis europäischer und insbesondere britisch-deutscher Geschichtskultur ein. Das Projekt spürt diesem Phänomen in diachroner Perspektive nach, untersucht die Veränderungen und Ausdifferenzierungen dieses vielfältigen Mediums und fragt nach der medienspezifischen Eigenlogik der transnationalen Geschichtspopularisierung.

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6. "A lively game never to be played for real" – der Kalte Krieg in Computerspielen


Das Ende des Kalten Krieges in den frühen neunziger Jahren verschaffte der Epoche als Forschungsthema enormen Auftrieb. Seitdem wurden und werden vielfältige Aspekte dieser Jahre untersucht, selbst die Frage, was denn der Kalte Krieg überhaut gewesen sei und was ihn ausgemacht habe. Natürlich zählte der Versuch einer Erklärung des Phänomens bereits zu den Dingen, die die Menschen während der Zeit beschäftigten, selbst wenn unterschiedliche Bedrohungsszenarien und die von ihnen ausgelösten Ängste von der Ausspionierung und Unterwanderung bis zur atomaren Katastrophe und der Auslöschung des eigenen Landes oder gar allen Lebens auf dem Planeten im Vordergrund standen. Politik, Militär, Wissenschaft, Informationsmedien, aber auch die unterschiedlichen Formate der Populärkultur beteiligten sich an dem zeitgenössischen Diskurs über das Wesen des Kalten Krieges, konstruierten das, was als solcher erlebt und gelebt wurde, im Laufe der von ihm umspannten Dekaden des 20. Jahrhunderts in wesentlichen Teilen mit, wenn sie das Konzept und letztlich sogar das Phänomen selbst nicht eigentlich erst erschufen. Gegenstand dieses Projekts ist der Anteil, den Computerspiele als ein seinerzeit neuer Zweig der Populärkultur an der Konstruktion des Kalten Krieges hatten. Es untersucht dazu mit den Methoden der Diskursanalyse rund 150 Spiele der achtziger und neunziger Jahre, die in exemplarischen Fallstudien auf die vorherrschenden Deutungsmuster ihrer Entstehungszeit hin ausgewertet werden. Dies lässt die Videospiele als populärkulturelles Sinngebungsmedium hervortreten, das Menschen Erklärungen und Konkretisierungen für etwas schwer Greifbares lieferte.

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7. Exotik im Dritten Reich. Das Koloniale in populären Medien und die Mobilisierung der Deutschen


Um seine Herrschaft auf weit mehr als nur Terror und Propaganda zu stützen, nutzte der Nationalsozialismus vielfältige Elemente wie eine größere ökonomische Sicherheit, mehr soziale Aufstiegsmöglichkeiten oder Freizeitaktivitäten und Unterhaltungsangebote. Unterschiedlichen Gruppen der Gesellschaft standen unterschiedliche Integrationsangebote zur Verfügung, um sich am NS-Regime zu beteiligen und davon zu profitieren, es in vielen Formen zu begrüßen oder einfach nur hinzunehmen. Vielfach trat bei den verschiedenen Elementen die Ideologie zurück, um den Anschein einer Kontinuität zu erwecken und größere Zustimmung in der Bevölkerung insgesamt zu erwirken. Dass nach 1933 das kurze Kapitel des deutschen Kolonialismus in Reden, vor allem aber in populärkulturellen Umsetzungen weiterhin thematisiert wurde, zählt zu diesen scheinbar traditionell deutschen und eben nicht nationalsozialistischen Elementen. Das Thema eines deutschen Überseekolonialismus setzte sich nach dem Verlust der Kolonien 1918/19 in bereits etablierten Medien und Formaten wie Jugendzeitschriften, Groschenheftserien oder Reklamesammelbildern fort und erlebte in den dreißiger und frühen vierziger Jahren mit einer beachtlichen Zahl an Dokumentar- und Spielfilmen sogar eine noch höhere Präsenz in der Populärkultur. Dieses Projekt untersucht die Topoi, die in den verschiedenen Medien transportiert wurden, um Menschen für das Regime zu mobilisieren, und lässt dabei das Potenzial des Kolonialen als Inbegriff des Exotischen hervortreten.

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8. Die historische Konstruktion des Nationalen in digitalen Spielen


Dass Nationen ein von Menschen geschaffenes Konstrukt zur Selbst- und Fremdklassifizierung gesellschaftlicher Großgruppen sind, ist in der wissenschaftlichen Forschung heute kaum noch umstritten. Moderne Untersuchungen zur Konstruktion des Nationalen in der Gegenwart konzentrieren sich daher mehr auf den Transfer der historischen Vorstellungen von Nation aus dem 19. Jahrhundert in die heutige Zeit und die damit verbundene Wirkmächtigkeit von rund 200 Jahre alten Vorstellungen auf das moderne Weltbild. Das Forschungsvorhaben geht davon aus, dass sich das Nationale im Sinne von Ernest Renan und Eric Hobsbawm definiert über eine Verständigung auf eine gemeinsame – nationale – Erinnerung und ‚erfundene Traditionen‘ einer als national angenommenen Gemeinschaft. Dadurch werden tradierte historische Vorstellungen einer stark popularisierten und inszenierten Geschichte zu den zentralen Trägern des Nationalen. Im Projekt wird diesem Phänomen am Beispiel populärer digitaler Spiele des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts nachgegangen. Spiele präsentieren dabei nicht nur Narrative und Bilder, sondern auch Strukturen historischer Nationalitätskonstruktionen, die sich in den Spielmechaniken prozessorientierter Spiele widerspiegeln. Das Projekt nimmt beide Aspekte in den Blick, um zu untersuchen, wie stark die traditionellen Nationsvorstellungen aus dem 19. Jahrhundert selbst in der gegenwärtigen Populärkultur noch verankert sind und damit weiterhin die Vorstellungen unserer Gesellschaft prägen.

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9. Die Reise in die Vergangenheit: Geschichtstourismus im 19. und 20. Jahrhundert


Zum touristischen Ziel kann seit den massiven sozialen, ökonomischen und kulturellen Transformationen der Moderne für Reisende all das werden, was das Bedürfnis anspricht, in eine wie auch immer geartete Ferne zu schweifen. Seit dem 19. Jahrhundert hat sich außerdem eine große Neugier auf Geschichte entwickelt und verbreitet, bei der die Suggestion von Vergangenheit im Vordergrund steht. Wie beim Tourismus geht es bei dieser Begegnung mit Geschichte um das Außeralltägliche und die Erfahrung des Fremden und Fernen, in der die Vergangenheit wie ein Land anmutet, das sich bereisen und erkunden lässt. Es ist daher kaum erstaunlich, dass beide Phänomene heute wie in der Vergangenheit zusammenkamen und -kommen und daraus Geschichtstourismus als charakteristisches Phänomen und eigenständiges Erlebnis(-angebot) entstanden ist. Was aber macht die Geschichte als touristisches Ziel so attraktiv? Das Projekt vertritt die These, dass der touristische Blick auf die Geschichte vor Ort einen spezifischen Charakter aufweist, der sich von anderen Formen der Geschichtspopularisierung und ihren Rezeptionsweisen erkennbar unterscheidet. Aus dem tourist gaze, der Alltägliches in Außergewöhnliches überführt und so konsumierbar macht, und dem historical gaze als Bereitschaft, das Wahrgenommene als historisch einzustufen, entwickelt sich in der Moderne etwas Neues. Dieser Ansatz soll helfen, das Forschungsdesiderat eines geschichtstouristischen Analysemodells aufzuheben.

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10. Populäre Geschichte in digitalen Spielen zwischen Mainstreaming und Diversifizierung – Marktdaten & Popularität / Ordnung & Gewalt


Das Forschungsvorhaben untersucht als ein Arbeitsbereich von Teilprojekt B05 im SFB 1472 Transformationen des Populären die Ausbildung globaler Gemeinsamkeiten und regionaler Differenzen bei der Popularisierung historischer Sachverhalte durch das populäre Medium des digitalen Spiels. Es gliedert sich in zwei Teile: Erstens werden auf Basis repräsentativer Marktdaten aus der Spielebranche die populärsten Titel mit historischen Settings für den deutschen Markt ermittelt. Die Spiele werden dabei in Kategorien unterteilt, die sie nach Spielformaten unterscheiden. In jeder Kategorie werden die in ihr populärsten Titel ausge-wählt. Auf diese Weise werden unterschiedliche Popularisierungsgrade und unterschiedliche Communities berücksichtigt, was potentiell unterschiedliche Geschichtsvorstellungen und vielfältige Geschichtspopularisierungen in den Blick rückt. Zweitens wird untersucht, welche historischen Formen politischer Ordnung und deren Manifestation oder Durchbrechung durch – kriegerische – Gewalt popularisiert werden. Die Fallstudie stützt sich dabei auf die zuvor ermittelten populärsten Titel aus den Kategorien der Politiksimulationen und der Strategiespiele, die einen Schwerpunkt im Bereich der Staats- und Kriegsführung besitzen. Sie analysiert Elemente von Staatsführung und indirekter Lenkung von Untertanen in Bezug auf die Diskrepanz von spielrelevanten Vereinfachungen und der Umsetzung komplexer historischer Strukturen. Dabei spielen Aspekte diplomatischer Handlungen in geschichtlichen Kontexten ebenso eine Rolle wie die Konstruktion gesellschaftlicher Großgruppen in Vergangenheit und Gegenwart.

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11. Populäre Geschichte in digitalen Spielen zwischen Mainstreaming und Diversifizierung – Popularisierungsstrategien: Geschichtspopularisierung und ihre öffentliche Rezeption


Das Forschungsvorhaben bildet einen weiteren Arbeitsbereich von Teilprojekt B05 im SFB 1472 Transformationen des Populären. Es untersucht die populärsten Spiele auf die Verwendung von verschiedenen Bildern und Topoi von Geschichte hin. Sie werden dann zu spielimmanenten Faktoren wie Visualisierungsästhetik, Spielmechaniken, Herkunft, Budget und Zielgruppe, zu Popularisierungen des gleichen Stoffes in anderen Medien, etwa dem Roman oder dem Film, und zu zeitgenössischen Debatten über das gewählte Setting in Beziehung gesetzt. Parallel dazu wird das vor allem in den sozialen Medien veröffentlichte Feedback der deutschsprachigen Community untersucht, um Rückschlüsse auf die Rezeption von bestimmten Geschichtskonstruktionen und deren Diskussion im öffentlichen Raum zu ziehen. Aus den zu erwartenden Ergebnissen lassen sich weitergehende Fragen ableiten, etwa warum bestimmte Spielformen und historische Themen in Deutschland populärer sind als in anderen Ländern, welche Bedeutung Themen zugewiesen wird, die in der heutigen Gesellschaft als historisch problematisch gelten, welche Themen in der Gegenwart nicht mehr so einfach zu vermitteln sind, wie sie in Spielen erscheinen und wie Spielende damit in öffentlichen Debatten umgehen. Damit wird im Spannungsfeld zwischen Strategien der Geschichtspopularisierung und Aneignungsformen in der Rezeption erforscht, wie sich historical mainstreaming und historical diversification zueinander verhalten.

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12. Populäre Geschichte in digitalen Spielen zwischen Mainstreaming und Diversifizierung – Geschichtsrezeption: Persönliche Aneignung und Rezeption populärer Geschichte


Das Forschungsvorhaben bildet einen dritten Arbeitsbereich von Teilprojekt B05 im SFB 1472 Transformationen des Populären. Es zielt darauf ab, die individuelle Rezeption von Geschichte in Videospielen auf Basis von Oral History-Interviews zu erfassen, um so den lokalen, kultursensiblen, situationsspezifischen Umgang mit Geschichte über die Spiele und die konkreten Aneignungsmuster der im digitalen Spiel populär gemachten Geschichte sichtbar zu machen. Die Interviewpartnerinnen und -partner entstammen klar umgrenzten Communities, die um die populärsten Spiele mit historischen Settings herum entstanden sind. Inhaltliche Schwerpunkte der Befragungen bilden die Aufnahme, Integration und der Transfer des in diesen Spielen inszenierten historischen Wissens. Welche digitalen Spiele haben die Spielenden am nachhaltigsten beschäftigt? Welche Inhalte werden von ihnen als historisch empfunden und welche nicht? Befördert das Medium die vorgebliche Authentizität von Geschichte im Spiel oder wirkt es sich (etwa wegen der Kontingenz des Gameplays oder alternativer Geschichtsverläufe) negativ darauf aus? Welche Rolle spielt historisches Vorwissen in diesem Prozess? Welche Anpassungen der Vorstellungen von Geschichte im Sinne eines historical mainstreaming lassen sich zu einzelnen Themen oder ganzen Epochen erkennen? Oder wird die populäre Geschichte mehr im Sinne einer historical diversification mit je individuellen Deutungen rezipiert?

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