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INVEST II: Evaluation des Integrierten Versorgungsmodells in Billstedt/Horn (Gesundheitskiosk)

Hintergrund

Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Welt und verfügt über umfassende Systeme der sozialen Sicherung und der medizinischen Versorgung. Gleichzeitig sind erhebliche soziale Ungleichheiten festzustellen, welche sich auch in der Gesundheit und Lebenserwartung der Bevölkerung widerspiegeln. Auch in Hamburg zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen sozialer Schichtzugehörigkeit und Gesundheitsstatus. Sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen konzentrieren sich dabei häufig in abgegrenzten urbanen Stadtteilen. Die Stadtteile Billstedt und Horn gehören zu den ärmsten Stadtteilen Hamburgs und sind charakterisiert durch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl sozioökonomisch benachteiligter Bewohner:innen. Verschärft werden diese Probleme häufig durch eine Verknappung von wohnortnahen, ambulanten Versorgungsangeboten. Hierdurch kann es zu Ineffizienzen in der Versorgung und steigenden Leistungsausgaben kommen. Eine weitere Verschärfung der Problemlage besteht in der mangelnden Ausrichtung der Leistungsangebote im deutschen Gesundheitssystem auf die Bedürfnisse sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen.

Das Ziel des Projektes INVEST Billstedt/Horn bestand darin, die skizzierte Problemlage durch die Entwicklung und Implementierung eines Versorgungsangebotes, welches wohnortnah und ohne Sprachbarrieren eine niedrigschwellige Versorgung sicherstellt, zu verbessern und damit die im § 70 SGB V formulierten Ziele – Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit – in der sozial benachteiligten Großstadtregion Billstedt/Horn zu erreichen. Hierzu wurde ein regionales, integriertes und populationsorientiertes Versorgungsmodell entwickelt und implementiert, welches den Fokus auf Prävention, Gesundheitsförderung und -erhaltung richtet. Einen bundesweit einmaligen Schwerpunkt des Projektes war der Aufbau eines Gesundheitskiosks, eine populationsorientierte, niedrigschwellige und unterstützende Stadtteilinstitution, in der die Versicherten zu allen Gesundheitsfragen in ihrer Muttersprache ganzheitlich beraten, unterstützt und geschult werden.

Das Projekt wurde durch das Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Auf Basis quantitativer und qualitativer Analysen wurden die Zielerreichung und die Übertragbarkeit dieses innovativen Versorgungsansatzes bewertet sowie die Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Implementierung analysiert. Finden Sie hier eine Veröffentlichung des Kurzberichts zur Evaluation sowie des Evaluationsberichts gemäß Nr. 14.1 ANBest-IF.
Das Projekt „Hamburg Billstedt/Horn als Prototyp für eine Integrierte gesundheitliche Vollversorgung in deprivierten großstädtischen Regionen“ (INVEST BILLSTEDT/HORN) wurde aus Mitteln des Innovationsfonds vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert (Förderkennzeichen: 01NVF16025).

Zielsetzung

Das Folgeprojekt INVEST Billstedt/Horn II verfolgt zwei zentrale Ziele:

  1. Kausale Evidenz zu mittelfristigen Effekten: Untersuchung der Auswirkungen der neuen Versorgungsform (NVF) über fünf Jahre auf Leistungsinanspruchnahme und Leistungsausgaben.

  2. Analyse der Heterogenität der Behandlungseffekte: Identifikation, wie Effekte je nach Patientencharakteristika, Nutzungsintensität und Zeitverlauf variieren.

Die Analyse der Heterogenität zeigt, welche Patient:innen am stärksten von der NVF profitieren und liefert wichtige Hinweise für individuellere, wirksamere Interventionen. Die Ergebnisse unterstützen Entscheidungsträger:innen dabei, die NVF zielgerichtet weiterzuentwickeln, effizient zu skalieren und nachhaltig in andere Regionen zu übertragen.

Die Messung heterogener Behandlungseffekte (HTEs) neuer integrierter Versorgungsformen ist angesichts knapper Ressourcen und Finanzierungslücken notwendig. Die Identifikation von Subgruppen mit unterschiedlichen Effekten ermöglicht eine effizientere Ausrichtung der Interventionen und stärkt eine zielgerichtete Versorgung auf Basis evidenzbasierter Entscheidungen in der Versorgungspraxis.

Forschungsdesign/Vorgehen

Für die Untersuchung der Effekte der neuen Versorgungsform (NVF) kommt ein quasi-experimentelles Prätest-Posttest-Design mit Kontrollgruppe zum Einsatz. Unterschiede vor und nach Einführung der NVF werden zwischen Interventions- und Kontrollgruppen verglichen, um den Behandlungseffekt zu ermitteln. Um Verzerrungen durch Störfaktoren zu minimieren, werden die Gruppen mittels Propensity-Score-Matching unter Nutzung eines Superlearner-Ansatzes vergleichbar gemacht.

Die zeitliche Dynamik der Effekte wird mit einem Event-Study-DiD-Ansatz analysiert. Dieser Ansatz überprüft die Annahme paralleler Trends vor der Intervention und erfasst, wie sich die Effekte der NVF im Zeitverlauf entwickeln.

Die Heterogenität der Behandlungseffekte wird sowohl nach Patient:innencharakteristika als auch nach Nutzungsintensität untersucht. Hierfür kommen Subgruppenanalysen sowie Methoden des kausalen maschinellen Lernens zum Einsatz, wie Double Machine Learning und Causal Forests. Durch den algorithmischen Ansatz können bislang unerkannte Teilpopulationen identifiziert werden, für die die NVF besonders wirksam ist – ohne dass diese vorher spezifiziert werden müssen.

Projektdaten